Donnerstag, 27. März 2014

Kino im Kopf

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Liebe Leser, wenn ihr den Test oben noch nicht gemacht habt, dann lest zuerst den Comic, überlegt euch, was als nächstes passiert und klickt dann ins untere Bild, um das Ende zu sehen.

Das letzte Bild ist vermutlich weit davon entfernt von dem, was ihr erwartet habt, oder? Habt ihr in eurem Geiste etwa ein Verbrechen oder eine Bluttat begangen? War das vielleicht euer erster Gedanke? Das unerwartete Ende des Comics war volle Absicht, denn heute geht es um die Macht der Gedanken und er soll zeigen, wie leicht wir beeinflusst werden können.

Das Unterbewusstsein

Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman schreibt in seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“, dass unser Unterbewusstsein ununterbrochen arbeitet und dabei alle neuen Eindrücke mit früheren Erfahrungen vergleicht. Da wir alle schon einmal ähnliche Szenen im Fernsehen oder Kino gesehen oder auch gelesen haben, war die Schlussfolgerung unseres Unterbewusstseins ziemlich offensichtlich.

Aber der kurze Comic zeigt auch, dass unser Gehirn sogar versucht unzusammenhängende Dinge miteinander zu verknüpfen. Die einzelnen Bilder im Comic sind im Grunde ziemlich zusammenhanglos (bis auf die beiden mittleren vielleicht), aber unser Gehirn schafft es problemlos eine sinnvolle Geschichte daraus zu machen. Solche Verknüpfungen des Unterbewusstseins können recht stark ausgeprägt sein. Beispielsweise in der Form, dass in den USA Wettermoderatoren angerufen, beschimpft und bedroht werden, weil sie schlechtes Wetter vorhersagen (obwohl sie selbst natürlich keinerlei Einfluss auf das Wetter haben).

Wir alle werden täglich auf diese Art beeinflusst. Beispielsweise vertrauen wir aufgrund früherer Erlebnisse gut gekleideten Rednern mehr (ja, der erste Eindruck zählt wirklich). Oder wir geben der ersten Wortmeldung in einer Diskussion mehr Gewicht als den nachfolgenden. Und vielleicht seid auch ihr, liebe Leser dieser Seiten, hier und jetzt davon betroffen und ihr verknüpft die fiktive Person Hektor mit dem Autor als ein und dieselbe Person? Falls ja, seid ihr wieder der Macht des Unterbewusstseins auf den Leim gegangen. (PS: Die Textbeiträge entstehen übrigens zuerst. Erst danach wird ein mehr oder weniger passendes Bild zum Text gezeichnet. Hektors Erlebnisse sind also keineswegs die des Autors.)

Framing-Effekt

Ein Beispiel, wie Text uns beeinflussen kann, steht z.B. auf Hektors Müslipackung: „30% weniger Zucker als andere Müslis“. Das klingt doch wesentlich gesünder als: „Nur 70% Zucker im Vergleich zu anderen Müslis“, oder? Das ist der sog. Framing-Effekt. Und beim NLP ist Reframing eine zentrale Methode, um (meist problematische) Verhaltensweisen umzudeuten.

Unser Unterbewusstsein trifft sogar automatisch Entscheidungen, von denen wir bewusst gar nichts mitbekommen. Ein Beispiel: „Hektor geht nach der Arbeit zur Bank.“ An was habt ihr gedacht, liebe Leser? War es ein Geldinstitut? War es eine Sitzbank, z.B. im Park?

Mere-Exposure-Effekt

Laut Kahneman traf unser Unterbewusstsein diese Entscheidung selbst und es entscheidet stark situationsabhängig. Ein Bankangestellter wird vermutlich an ein Geldinstitut denken. Ein Ehepaar im Park evtl. an etwas anderes. Und das Interessante dabei: Wir bekommen normalerweise gar nicht mit, dass es mehrere Möglichkeiten gab und dass unser Unterbewusstsein sich bereits entschieden hat – das alles passiert schon bevor wir überhaupt darüber nachdenken können. Das Unterbewusstsein gewöhnt sich übrigens auch sehr schnell an bekannte Erfahrungen und Bekanntheit erzeugt eine positive Einstellung (das ist der sog. Mere-Exposure-Effekt), den die Werbung ausnutzen möchte, um ihre Produkte zu verkaufen.

Infos zum Thema:

  • Framing-Effekt
  • Halo-Effekt
  • Mere-Exposure-Effekt
  • Daniel Kahneman, „Schnelles Denken, langsames Denken“, Siedler
  • David Eagleman, „Inkognito – Die geheimen Eigenleben unseres Gehirns“, Campus
  • Scott McCloud, „Comics richtig lessen – die unsichtbare Kunst“, Carlsen Comics
  • Psychologie Heute compact, Heft 35: „Entscheidungskompetenz“ (interessanter Beitrag zur „Entscheidungsmüdigkeit“)
  • Psychologie Heute compact, Heft 36: „Erinnern Sie sich – wie uns die Vergangenheit beeinflusst…“
  • Praktisch alle NLP-Bücher von R. Bandler und J. Grinder, z.B. „Reframing“, Junfermann